Die letzten Dinge (2016)
Der Cartoonist Karl Friedrich Waechter veröffentlichte 1992 siebenundsiebzig kurze Stücke und Skizzen zu den philosophisch letzten Dingen Geburt, erste Liebe und Tod. Auch die ungeborenen Menschen kommen zu Wort. Dazwischen geht es um den ganz gewöhnlichen Wahnsinns des Lebens. Waechters Texte (von denen wir einige spielen) sind aus Cartoons entstanden, und so beginnt der Abend als Vernissage einer Ausstellung. (Sie bekommen das Glas Rotwein, das Ihnen zusteht!). Und nun geraten die Bilder in Bewegung und die multimediale Reise beginnt! Ein aufregender, existentieller Abend, den Ihnen und uns anbieten zu können wir uns glücklich schätzen!
Ensemble und Besetzung
Ensemble:
Annika Kratzenberg, Silvio Berger, Tina Tolla, Nadine Scholz, Stephan Pönack, Elisabeth Mendiburu, Kati Bellmann, Torsten Dubrow, Ingrid Ruschke, Johannes Wawra, Christina Wilke
Regie: Mathias Neuber
Premiere war am 24.11.2016
Kritik in der Lausitzer Rundschau vom 01.12.2016 von Ida Kretzschmar
Sturmfreie Bühne acht – Reise durch die Lebenszeit
Kultur-Macher: Regisseur Mathias Neuber widmet sich mit dem Cottbuser Studententheater den „letzten Dingen“
Mit Inbrunst philosophieren die Laiendarsteller mit Texten aus dem Stückeband des Cartoonisten Karl Friedrich Waechter (1937 – 2005) über Gott und die Welt, Leben und Tod, Liebe, Laster und Leidenschaft. Wobei seine Cartoons in einer multimedialen Reise zum Leben erweckt werden. Nach der Pause stellt sich dann mit Kostproben von „Ich bin du!“ die inklusive Theatergruppe „Rampenfieber“ vor, die sich im April an der Bühne acht in Kooperation mit dem Lebenshilfe Hand in Hand e.V. gegründet hat. Ihr Stück, das hier am 27. Mai Premiere haben soll, erzählt von Anderssein und Gleichsein, von Wünschen und Träumen.
Puzzleteile, die an diesem Abend zusammengefügt werden. Auch von den Zuschauern. Denn sie sind mittendrin. Niemand kann sich dieser Reise durch die Lebenszeit entziehen, zumal Videos auch Nachbarn, Freunde und Bekannte zeigen, die unverhohlen Auskunft geben über Leben, Lieben und Sterben.
Insgesamt ein gelungenes Experiment: überraschend, irritierend, nachdenklich, berührend und durchaus auch unterhaltsam. Kompliment! Eine reife Ensembleleistung des nunmehr 20-jährigen Amateurtheaters, das vom Studentenwerk Frankfurt (Oder) gefördert wird.
Nicht nur Studenten, mehr als 50 Akteure aller Generationen sind mit Ernsthaftigkeit, Leidenschaft und Spiellust ehrenamtlich dabei. Mathias Neuber, gemeinsam mit Andreas Gaber Gründer des Studententheaters, Künstlerischer Leiter und Vereinsvorsitzender, erinnert am Premierenabend an den Anfang, als noch im Wohnheim 8 in einem Tischtennis-Keller geprobt wurde. „Wir waren immer offen für Neues“, nennt er einen Grund, warum die Bühne acht so lange (20 Jahre, ungewöhnlich für ein Amateurtheater!) erfolgreich bestehen konnte: Improtheater, Krimi, Experimentaltheater, Kabarett, Film . . . Ein Ende ist nicht abzusehen. Als Bauingenieurstudent spielte Mathias Neuber schon Theater, leitete danach in Karl-Marx-Stadt eine Studentenbühne. Die Liebe zum Theater lässt ihn seitdem nicht mehr los. „Gleich nach einer langen Premieren nacht in Cottbus erwacht die Lust, etwas Neues anzufangen“, bekennt Neuber, der auch Kabarett-Texte schreibt. Einmal hat er selbst den Woyzeck gespielt, in der einzigen Inszenierung auf Englisch. Vorausgegangen war ein Vertrauensspiel, erinnert er sich. „Fünf Leute bilden einen Kreis um einen in der Mitte, der sich immer weiter fallen lässt. Wird er aufgefangen oder aufschlagen?“ Offenbar hat das Spiel den Regisseur nur noch mehr an die Bühne acht gefesselt, sodass er heute sagt: „Sie ist für mich nicht nur Spaß, sondern Lebensinhalt geworden.“
Dafür gibt es an diesem Abend von seiner Theatertruppe ein passendes Premierengeschenk. Elisabeth Mendiburu, die, wenn Sie nicht auf der Bühne steht, in der RUNDSCHAU arbeitet, hat eine Eintrittskarte für die Berliner multimediale Ausstellung „Hieronymus Bosch: Visions Alive“ besorgt, die die Facetten des Lebens auf besondere Weise widerspiegelt. Seit einigen Jahren pendelt Mathias Neuber zwischen Cottbus und Berlin, wo er auch Theaterkurse gibt. Sollte sich eines fernen Tages der 61-Jährige nicht mehr in den Zug nach Cottbus setzen, ist ihm um die Zukunft der Bühne acht nicht bange: „Hier gibt es nicht einen Kultur-Macher. Kultur-Macher sind sie hier alle.“
Von Ida Kretzschmar