Celsius (2016)
Eine neue Gesellschaft ist geboren. Eine Gesellschaft, deren Seelenruhe vor allen Irrungen und Wirrungen der Philosophie, der Vielfältigkeit und des Phantastischen geschützt wird. Denken und Empfinden von Individuen werden unter Verschluss gehalten. Der immer näher rückende Krieg lässt sich wunderbar mit Unterstützung einer unerträglichen Bilderflut sinnbefreiter Medien verdrängen. Die Glückseligkeit der Menschheit steht an oberster Stelle in diesem utopischen System. Auch der Feuerwehrmann Celsius ist Teil dieses Systems und findet seine Erfüllung im Verbrennen schädlicher Literatur. Sein Leben verläuft in geordneten Bahnen, bis er die lebenslustige Clarissa kennenlernt. Hingerissen von ihrem ungewöhnlichen Wesen, beginnt Celsius Fragen zu stellen, zum Missfallen jener, die versuchen die Gesellschaftsordnung aufrechtzuhalten. Eine Jagd beginnt.
Ensemble und Besetzung
Ensemble:
Martin Mendiburu, Elisa Marquardt, Henning Wolff, Jakob Fischer, Markus Heunemann, Christopher Meierhold, Lene Hesshaus, Sarah During, Matti Schreve, Maria Breitenbach, Johannes Wawra, Anja Schröter, Ria Baumeister, Boris Giebichenstein, Ypsi Ciupack
Regie: Jan Fuchsmann
Premiere war am 01.10.2016.
Kritik in der Lausitzer Rundschau vom 05.10.2016 von Ulrike Elsner
Antikriegsstück verursacht Gänsehaut beim Publikum
Bühne acht beginnt Spielzeit mit „Celsius“ nach „Fahrenheit 451“
Mit dieser Rolle hat Henning Wolff, der beim Cottbuser Studententheater die Bühne für sich entdeckt hat, am Premierentag seinen Abschied gegeben – mit einer besonders im zweiten Teil sehr eindringlichen Leistung. Jetzt folgt für den talentierten jungen Mann eine akademische Schauspielausbildung. Matthias Schreve, der sich mit der Dinner-Krimi-Reihe der Bühne acht einen Namen gemacht hat, tritt die Nachfolge an. Er soll am 25. November erstmals in der Titelrolle auf der Bühne stehen – innerhalb der Festwoche zum 20-jährigen Bestehen des Studentenwerk-Theaters auf dem BTU-Campus. Ray Bradburys Roman „Fahrenheit 451“ und dessen Bühnenfassung sind aktueller denn je. Wenn auch Jan Fuchsmann in seinem ambitionierten Regiedebüt den Schwerpunkt verlagert. „Bücherverbrennung hat nicht mehr die Symbolkraft von 1953“, stellt der 39-Jährige, der im Hauptberuf als Toningenieur tätig ist, im RUNDSCHAU-Gespräch fest.
Technisch zieht der gebürtige Niedersachse, der seit fünf Jahren in Cottbus lebt, alle Register: in puncto Ton sowieso, aber auch video- und pyrotechnisch. Zum Schluss lässt er es auf der Bühne sogar regnen. All das macht aber nur eindringlicher, worauf es eigentlich ankommt: den Krieg mit seinen Ursachen und Auswüchsen und seiner Kontinuität. Youtube liefert sie frei Haus, die aktuellen Kriegsreportagen, die in dem Stück über die Großleinwand flimmern. Das Perverseste sind Musikvideos, die mit Kriegsbildern unterlegt sind, und das Eindringlichste ein Text, den Theodor Fontane vor mehr als 150 Jahren geschrieben hat und der sich anhört wie ein Kommentar aus dem Heute-Journal unserer Tage. Es ist „Das Trauerspiel von Afghanistan“. Da heißt es über den Zug von Kabul:
„Die hören sollen, sie hören nicht mehr. Vernichtet ist das ganze Heer.
Mit dreizehntausend der Zug begann. Einer kam heim aus Afghanistan.“
Von Ulrike Elsner
Lausitzer Rundschau vom 05.10.2016