Der Patriot (2014)

von Felix Mitterer

Die Inszenierung „Der Patriot“ könnte eine Retrospektive sämtlicher ausländerfeindlich motivierter Vorfälle in Österreich, Deutschland und Norwegen sein, die seit dem Jahr 1993 medial erfasst und für jedermann übersichtlich in Form von Tatsachenberichten aufbereitet wurden. Am konkreten Fall der Briefbombenattentate des Franz Fuchs in Österreich, bietet dieses Theaterstück jedoch vielmehr eine bewusstseinskritische Aufschlüsselung jener Ereignisse an, die sich darin nun nicht länger als die gewohnte Gestalt eines alltäglichen Terrors betrachten lassen. Dem Publikum wird in einer aktionskünstlerischen Auseinandersetzung (welche sich vor allem in der Konfrontation der Protagonisten mit dem Untersuchungsrichter und den Vernehmungsbeamten sowie dem psychiatrischen Gerichtsgutachter vollzieht) ein Einblick in das Innenleben eines Menschen gewährt, welcher in der vollsten Überzeugung lebt, durch sein Volk in einen Auftrag gestellt zu sein.

Ensemble und Besetzung

Besetzung:
Karoline Leder, Henning Wolff, Alex Stürmer, Christoph Schmidt

Technik: Martin Mendiburu

Regie: Karsten Pätz

 

Kritik in der Lausitzer Rundschau von Daniel Schauff

Gewollte Beklemmung von allen Seiten – 90 Minuten lang

Eine „aktionskünstlerische Auseinandersetzung“ mit dem Fall Franz Fuchs bringt das Schauspiel-Ensemble der Bühne acht als ein beklemmendes Kammerspiel auf die Bühne. Geschichtsunterricht für alle Sinne.

Mit den knapp 30 Zuschauern ist der beengte Probenraum der Bühne acht bei der Premiere von „Grenzenlos, Fremde, Heimat“ bis zum Bersten gefüllt. Dass die Zuschauer nur schwer zu ihren Sitzen gelangen, kaum ein Sicherheitsabstand zwischen Publikum und Schauspielern bleibt und dass die Luft im Raum mit jeder Minute des Kammerspiels dünner wird, ist Absicht – und passt zu dem, was Regisseur Karsten Pätz inszeniert hat. Es geht um Franz Fuchs, den österreichischen Briefbombenattentäter, der Mitte der 90er-Jahre für eine Reihe von Attentaten verantwortlich war. Seine Motive: Fremdenfeindlichkeit. Seine Rechtfertigung: die Rettung Österreichs vor Migranten.

Ein-Mann-Stück und Film
Ganz offensichtlich hat Pätz nicht nur Felix Mitterers Ein-Mann-Stück „Der Patriot“ als Vorlage für seine Bühne-acht-Inszenierung ausgewählt, sondern auch das Doku-Drama „Franz Fuchs – ein Patriot“ von Regisseurin Elisabeth Scharang. Das Ergebnis ist eine beachtliche Leistung von Christoph Schmidt, der als Franz Fuchs Monolog nach Monolog rezitiert, 90 Minuten den offenbar fehlgeleiteten „Patrioten“ mimt, der mit imaginären Dialogpartnern – dem Richter, dem Vernehmer und dem Gutachter – in Streitgespräche tritt, von seiner Kindheit erzählt, seine Gedanken und Motive erklärt.
Die Lust zu spielen
Unterstützt wird Schmidt von Henning Wolff, Karoline Leder und Alex Stürmer, die mal Bomben basteln, mal über die Zustände in der österreichischen Gesellschaft philosophieren, mal am Einlass in strenger Garderobe beim Zuschauer das Gefühl einer bedeutungsschweren Gerichtsverhandlung hervorrufen. Karsten Pätz hat sich keinen einfachen Stoff ausgesucht – weder für seine Schauspieler, noch für die Zuschauer. Dass die neue Inszenierung am Cottbuser Studententheater Bühne acht dennoch 90 Minuten lang fesselt, liegt vor allem an der Lust derjeniger, die auf der Bühne stehen. Und der Lust der Zuschauer, sich mit dem Fall Franz Fuchs auseinanderzusetzen.
Von Daniel Schauff
Lausitzer Rundschau 02.07.2014