Dreier (2009)

von Jens Roselt

– eine Dreiecksgeschichte – bester schwarzer Humor! –
Ein Mann in seiner Loftwohnung mit der Frau seines Freundes im Bett . – Der Freund und Ehemann kommt, die Frau verschwindet unterm Bett. – Der Mann sagt dem Freund, dass dessen Frau unter dem Bett sich befinde. – Der Freund hält das für den besten Witz, den er je gehört hat, und weigert sich, nachzuschauen. –
Bis zum furiosen Finale wird in diesem Stück – und bald reicht das Verhandelte weit übers Private hinaus – ausnahmslos die Wahrheit gesagt, was – wenn jeder sich weigert den Tatsachen ins Gesicht zu sehen – zu den absurdesten Situationen und einem unglaublichen Ende führt.

Ensemble und Besetzung

Es spielen:
Benjamin Hantschke
Jojo Lißner
Ypsi Ciupack

Technik: Thomas Kalz, Matthias Schreve
Souffleuse: Eva Schindler
Regie : Mathias Neuber

PREMIERE war am 24. Juni 2009

Kritik im Blicklicht 9 – 09

Gesehen: Dreier Ein Stück um unausgesprochene Gefühle, Ratten und Pumpernickel.

11. Juni 2009, Regen. Da stehe ich nun, habe den Anfang des Stückes verpasst und bin ziemlich mies drauf. Eigentlich erwartete ich nur mittelmäßiges Studententheater – und sollte eine gehörige Überraschung erleben!

Als ich am besagten, regnerischen 11. Juni die erste Premiere des Stückes „Dreier“ von Jens Roselt, unter der Regie von Mathias Neuber, im Regen auf dem Campus stehend, ansah, sollte ich drei Dinge lernen:
1. Die neue Bühne 8 ist keineswegs mittelmäßiges Studententheater! Die Innbrunst, mit der die drei Akteure dem Wetter trotzten und ein Feuerwerk an Wortwitz und Spielfreude zündeten, überraschte und überzeugte mich gleichermaßen. Allen voran Jojo Lißner, der als gehörnter Ehemann in einem wahrlich irren Ausbruch von Wahnsinn „SÜHNE!!“ schreit, aufs Bett springt, um dort zusammenzubrechen, als er zugibt, schon lange von der Affäre seiner Frau mit seinem besten Freund zu wissen, belehrt mich eines besseren. Aber das ist vorweg gegriffen, also eine kurze Erklärung zum Stück: Eine Frau (Ypsi Ciupack), zwei Männer. Der eine ist ihr Ehemann Jojo Lißner). Der andere ihr Liebhaber (Benjamin Hantschke) – und der beste Freund des Ehemanns. Eine verzwickte Situation. In der Silvesternacht werden alle aufeinander treffen, nur weiß das erstmal noch keiner. Sie ist bei ihm. Ihr Ehemann auf dem Weg. Es klingelt. Sie versteckt sich unter dem Bett. Das Spiel nimmt seinen Lauf. Der Liebhaber ist ein ziemlicher Angeber. Der Ehemann offensichtlich bis dahin nicht sehr spannend, sonst hätte sie ihn wohl nicht betrogen. Sie ist eine typische Frau: sucht sich einen Liebhaber und verliebt sich in ihn. Er auch in sie. Nur das kann er ihr nicht sagen, dazu ist er zu sehr von sich eingenommen. Den Ehemann halten sowieso alle für einen Waschlappen. Nachdem alle im selben Raum angekommen sind, beginnt sich dieses Dreier-Karussell also zu drehen. Schneller und schneller und schneller, und plötzlich ist nichts mehr, wie es war…
2. Bei Istanbul 7 gibt es Ratten.
3. Die ausgezeichnete Regiearbeit von Mathias Neuber und die schauspielerische Leistung der drei Hauptdarsteller im Zusammenspiel mit der schlicht gehaltenen Bühne (außer einem Bett, einem Hocker, Schwarz, Bordeaux und Beige gibt es nichts), dem, dem Stück innewohnenden, Wortwitz und Zynismus und die überzeugend transportierte, tiefe Hilflosigkeit der Menschen gegenüber ihrer selbst und ihren Nächsten, machen dieses Stück zu einem wahren Theaterhighlight des Sommers! Und das ist jetzt nicht einfach mein erster, mich überwältigender Eindruck gewesen, weil ich dieses Stück unter, sozusagen, ungewöhnlichen Umständen gesehen habe. Nein! Auch einer weiteren Überprüfung (zur zweiten, „richtigen“ Premiere in der Bühne 8) konnte das Stück standhalten, und verdient somit ganz ohne Einschränkung das Fazit: Hingehen! Ansehen! Und selbst herausfinden, was es mit den Pumpernickeln auf sich hat!
von Sarah Döring

Jens Roselt

1968 geboren, hat Theaterwissenschaften in Giesen und Mainz studiert, einige Stücke geschrieben, sich als Journalist und Kritiker betätigt und 1998 zum Thema „Die Ironie im Theater“ promoviert. Seit 1999 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität in Berlin.

ine Frau betrügt ihren Mann mit seinem besten Freund. Und plötzlich steht dieser vor der Tür. Weiß er etwas? Oder kommt er wirklich nur, um sein Plädoyer zu besprechen? Jens Roselt beherrscht in seinem Stück DREIER perfekt die Form der Boulevardkomödie und kommentiert sie zugleich. Sie habe die Entscheidung zwischen Komödie oder Tragödie, erklärt der Liebhaber der Frau, als sie ihm nicht glauben will, dass es tatsächlich ihr Mann ist, der vor der Tür steht. Sie entscheidet sich dann für die Komödie und verschwindet unter dem Bett. Wenn die Beteiligten mal ehrlich sind, sind sie es tragischerweise nicht zeitgleich. Ansonsten verstecken vor allem die Männer ihre Gefühle hinter einer Fassade von Zynismus und Ironie. Bloß nichts an sich heranlassen. Der Liebhaber ist getroffen, als die Frau die Affäre beendet, und bekennt, sie zu lieben. Nur macht er es, als er allein ist. Sie ist da mutiger, kehrt zu ihm zurück und gesteht ihm ihre Liebe offen, obwohl sie davon ausgehen muss, dass ihr Mann ebenfalls anwesend ist. Aber der Liebhaber kann ihr nicht mehr glauben, weil ihm sein bester Freund eingeredet hat, das Ehepaar habe nur ein Spiel mit ihm gespielt. Ein leichtes Ende ist in dieser verfahrenen Situation nicht möglich und daher greift der Liebhaber zu einem radikalen Mittel.
In Deutschland wird Georg Kreislers Affront gegen taubenfeindliche Mitmenschen ( „Gehn‘ wir Tauben vergiften im Park“) als Legitimation für das fröhlich-tödliche Füttern der sich massenhaft vermehrenden Vögel missverstanden. Für den Autor Jens Roselt gibt es augenscheinlich eine Parallele zwischen den Vögeln und einer gewissen Sorte von Menschen, die sich ohne Verstand wahllos überall die Brotkrumen herauspicken und ihre Umwelt mit ihren Unrat beschmutzen.

 

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