Top Dogs (2007)

von Urs Widmer

Ein Outplacementbüro versucht, entlassenen Managern (ehemaligen Top Dogs = Spitzenleute) einen neuen Job zu vermitteln. – Die Top Dogs sind gefangen in dem Wahn, dass allein Macht, Einfluss, Ansehen und Geld Leben bedeuten. Die Rollenspiele im Outplacementcenter offenbaren ihre Defizite. Dass das Stück nicht hoffnungslos endet, liegt nicht an ihnen … Ein Diskussionsbeitrag nicht nur zur Wirtschaftskrise. Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.(Friedrich Schiller)

Wusste er, welche Geister er da rief? Konnte er sich eine Gesellschaft wie unsere vorstellen, in der nahezu alles in der Klammer des Als-ob verhandelt wird, in der alles Spiel, der Ernst hingegen ein zu Unterhaltungszwecken simuliertes Exotikum geworden ist? (Iris Radisch)

 

Ensemble und Besetzung

Besetzung:
Angelika Press spielt Frau Müller
Benjamin Hantschke spielt Herrn Deer und Herrn Bihler
Matthias Schreve spielt Herrn Neuenschwander
Nancy Arnold spielt Frau Jenkins und Herrn Tschudi
Sandra Barthold spielt Frau Wrage
Torsten Dubrow spielt Herrn Krause

unterstützt durch Epiphora

Technik: Daniel Göring, Holger Püschel
MASKE: Kristin Doneth, Ramona Mittig
SOUFFLEUR: Nici Rudolf

REGIE / DRAMATURGIE: Mathias Neuber

Premiere war am 03. November 2007

 

Lausitzer Rundschau, 7. November 2007

Pressebericht

Sie tragen sehr verschiedene und häufig auch ambitionierte Namen: Jene Geldverdienmaschinen, die aus der unverschuldeten sozialen Not anderer Profit ziehen. Der Schweizer Autor Urs Widmer hat in „Top Dogs“ die NCC erfunden, die „New Challenge Company“, die ihren Klienten nach der Entlassung aus dem Job eine komfortable‘ soziale Hängematte irgendwo zwischen Weiterbildungseinrichtung und psychotherapeutischer Klinik anbietet.

Das Stück erlebte am Wochenende in der bühne 8 seine Premiere. Die Insassen gehören weder dem Proletariat noch dem Prekariat an, es sind keine Underdogs der Gesellschaft, sondern ihre Spitzen: Arbeitslos gewordene Vorständler werden von der NCC aufgefangen und sowohl logistisch bei der Findung eines neuen Arbeitsplatzes als auch psychologisch zur Verarbeitung des Entlassungsschocks betreut. – Genau diesen zweiten Aspekt beschreibt der Autor genauer, und die Inszenierung der Neuen Bühne 8 (Regie: Mathias Neuber) gewährt damit einen Einblick in die geschundene Managerseele, die das Unheil am Anfang oft nicht einmal wahrnehmen will. Der Ex-Cateringchef einer großen Fluggesellschaftklammert (Benjamin Hantschke) sich mit aller Macht an die ruhmreiche Vergangenheit und verdrängt mit beklemmender Ignoranz seine neue soziale Situation. Es ist das Verdienst der Inszenierung, in solchen Szenen schlaglichtartig auf gegenwärtige realgesellschaftliche Momente außerhalb des Bühnengeschehens zu verweisen. Parallelen drängen sich immer wieder auf, wenn der Zuschauer die Ex-Managerinnen und Manager bei ihren verzweifelten Versuchen beobachtet, sich in der neuen, ungewohnten Lage anzunehmen, Dazu dienen psychotherapeutische Spiegelung im Rollenspiel, autogenes Training zur Ruhigstellung und Körpersprachliches für die optimistische Ausstrahlung. Führen im ersten Teil Text und Inszenierung die Figuren bis zu Momenten, in denen sie spüren, dass sie sich selbst getäuscht haben, so verlieren sich im zweiten Teil diese Anklänge von veränderter Persönlichkeitsstruktur bald wieder. Im Gegenteil. In Visionen und Träumen, in denen die Klienten ganz bei sich scheinen, lassen die ehemaligen Wirtschaftskapitäne Einblicke in ihr Seelenleben zu, die im ersten Augenblick Heiterkeit erzeugen, um dann aber einem Erschrecken Platz zu machen. Man ist weiter weg von sich denn je, aber weiter verwendungsfähig: die Wiederaufbereitungsanlage NCC hat ganze Arbeit geleistet. – Neben den bewährten Protagonisten der Neuen Bühne 8, (Sandra Barthold; Benjamin Hantschke), stehen die anderen Ensemblemitglieder (Torsten Dubrow, Nancy Arnold, Matthias Schreve, Angekika Press) in der Mehrzahl zum ersten Mal in einer größeren Rolle auf der Bühne. Dass das Ensemble dennoch erstaunlich homogen wirkt, auch wenn kleine Leistungsunterschiede nicht zu übersehen sind, ist wohl vor allem der Regie von Mathias Neuber zuzuschreiben. Neuber drückt den Darstellern nichts auf, sondern versucht, die Angebote der Darsteller in den Proben aufnehmend, mit ihnen gemeinsam das Profil der Figuren zu erarbeiten. Musikalisch unterstützt wurde die Inszenierung in diesem Punkt von der Gruppe „Epiphora“.

 

Bilder